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Yohaku-no-bi:
Bezieht sich in der Tuschmalerei (sumi-e) auf die Schönheit
der nicht bemalten und damit leer, bzw. weiß, gelassenen
Fläche des Malgrunds. Weiß symbolisiert das
zenbuddhistische Nichts (mu), das nicht etwa das Gegenteil
von Sein, also Nicht-Sein und somit Leere im westlichen
Sinn, ist, sondern als die Potenz des Möglichen angesehen
wird, aus dem sich das Sein entwickeln kann. Ein Kunstwerk
erlangt seine volle Bedeutung erst durch einen Leerraum,
durch den die Imagination des Betrachters angeregt und
somit Statik in der Rezeption verhindert wird, was der
Intention von Zen zuwiderlaufen würde. Auch dieser
Begriff ist eine Vorwegname der westlichen Moderne, denn
in der Zen-Ästhetik gibt es gerade nicht den horror
vacui, die Scheu vor der Leere in der Malerei, die erst
im 20. Jahrhundert durch den Mut zur freien und unbemalten
Fläche abgelöst wurde. In der Literatur (haiku)
erkennt man dieses grundlegende Prinzip der Zen-Ästhetik
in der bewusst frei gelassenen Leere zwischen
den Zeilen. In der Gartenarchitektur bezieht es sich auf
die weiße Kiesfläche der Trockengärten,
die dem leeren Malgrund entspricht, indem einzelne Form-Elemente
eingefügt sind und die daher wie ein Bild betrachtet
werden können. Weiß, als Nichtfarbe, trägt
das Potential in sich Form, in Form von Farbe, hervorzubringen,
wobei die Anordnung der Form im leeren Raum
ihn wiederum selbst gestaltet.
In
sumi-e Landschafts-Gemälden schälen sich die
Dinge dieser Welt, wie z. B. Bäume oder Felsformationen,
aus dem Nebel oder den Wolken, die wiederum für das
Nichts des Zen stehen, um auch wieder in ihnen
zu verschwinden. Diese auf den unbefangenen westlichen
Betrachter zunächst realistisch anmutende Malerei
umfasst aber eine ganze Kosmologie, die das Prinzip des
Taoimus bzw. Zen darstellt, dass Sein (Form) und Nicht-Sein
(Leere) keine dualistischen Gegensätze
sind, sondern sich relational bedingen.
Die
vorgestellten Fotos halten sich an das klassische Sujet,
wobei jeweils der Anteil der Leere gesteigert
wird, um dem Betrachter Gelegenheit zu geben, die Veränderung
der Wirkung wahrzunehmen.