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mujo:
Der
Buddhismus und damit auch das Zen beruht auf der
einfachen Beobachtungstatsache, dass alles was
eine Form hat dem Werden und Vergehen unterworfen
ist. Hier zeigt sich der grundlegende Unterschied
zwischen der westlichen und der östlichen
Sichtweise. Während in der westlichen idealistischen
Philosophie diese Beobachtungstatsache als Schein
abgetan wurde und das wahre Wesen der Dinge nur
durch Denken zu erkennen ist, ist es im Buddhismus
genau umgekehrt. Die Vergänglichkeit selbst
ist das Wahre und das Denken führt nur zu
statischen Begriffen, die die dynamische und holistische
Wirklichkeit nicht erklären können und
somit Schein sind.
Entsprechend wird in der Zen-Ästhetik die
Darstellung des Vergänglichen als das Wahre-Schöne
angesehen. Ein Tuschestrich, der vom Malgrund
teilweise aufgesaugt wird und daher keine klare
Kontur zeigt, wird als schön empfunden.
Die Zen-Ästhetik gilt heute in der Kunst
als Vorwegnahme der Klassischen Moderne, in der
die Statik der idealistischen Ästhetik durch
das Ephemere abgelöst wurde. Nur wurde die
Einsicht, dass das Ephemere nicht nur das Unüberwindbare
und damit Elementare allen Seins ist, nicht auf
das eigene Selbst bezogen. Die Kunst der Postmoderne
ist nach wie vor eine Entäußerung des
substanziellen bzw. autonomen ichs, das im Gegensatz
zum ich der Zen-Ästhetik nicht transzendiert
werden konnte. Dies zeigt sich u. a. im Personenkult
und dem völlig beziehungslosen Nebeneinander
der unterschiedlichen Weltsichten, die die Künstler
kommunizieren und die sich in der Beliebigkeit
der postmodernen Kunst äußern. Mit
anderen Worten: Der zeitgenössischen Kunst
fehlt noch das, was die Zen-Ästhetik geradezu
auszeichnet: Die Lebens-Kunst das eigene ich zu
transzendieren und aus diesem Bewusstseinszustand
heraus Kunst zu schaffen. In seinem Buch vom Tee
drückt Okakura das so aus: So strebten
die Teemeister danach, mehr als Künstler,
Kunst selbst zu sein. Das war die Zen-Lehre der
Ästhetik.
Die ungebrochene Faszination, die die Fotografie
auch heute noch ausübt, rührt größtenteils
daher, dass sie scheinbar in der Lage ist, die
Vergänglichkeit anzuhalten. Die Idee vom
festgehaltenen Augenblick, entspricht dabei dem
dualistisch-reduktionistischen Denken der idealistischen
Ästhetik und teilt die Welt in ein Subjekt
und ein Objekt. Fotografie, die sich der Zen-Ästhetik
verschrieben hat, muss daher das Epheremere als
Grundlage allen Seins in Form von visuellen Metaphern
kommunizieren, wie hier am Beispiel von Bäumen
in verschiedenen Stadien des Zerfalls.