Mono
no aware:
Dieser
für die Klassische Japanische Ästhetik charakteristische
Ausdruck bildete sich bereits vor der Einführung
des Zen-Buddhismus, der mit dem Aufstieg der Samurai im
japanischen Mittelalter als neue Herrscherklasse einherging.
Er
ist ein Schlüsselbegriff der Heian-Zeit (794-1185),
als der Hofadel und das Kaiserhaus noch die Geschicke
des Landes leiteten und am Heian-Hof eine Kultur des verfeinerten
und erlesenen Geschmacks gelebt wurde, in dem es nichts
wichtigeres gab, als die Hingabe an die Schönheit.
Ursprünglich
war aware nur ein überraschter Ausruf angesichts
der Schönheit der Dinge der Welt. Im womöglich
ersten Roman der Weltgeschichte: Geschichte vom Prinzen
Genji (genji monogatari).-, der um das Jahr 1010 von der
Hofdame Murasaki Shikibu verfasst wurde, fand mono no
aware seinen hervorragendsten Ausdruck. Dieser Ausdruck
ist kaum direkt zu übersetzen und bedeutet etwa:
Ein intensives und anteilnehmendes Mitfühlen angesichts
der Schönheit, aber auch besonders der Vergänglichkeit,
der Dinge dieser Welt, wie etwa die Erscheinungen der
Jahreszeiten in Form eines herabfallendes Blattes oder
einer ungeweinten Träne bei einer Liebesbeziehung.
Ein Mensch, der mono no aware versteht, ist daher ein
vollständiger bzw. ganzer Mensch, weil
er die Wirklichkeit realisiert hat und sich nicht geistig
gegen das Werden und Vergehen stemmt.
Fotografiert
man heute die vergänglichen Erscheinungen der Natur
im Zusammenhang mit den verschiedenen Jahreszeiten, wie
z. B. das hier gewählte klassische Sujet Blätter,
dann kann man, ohne dass dies besonders angestrebt werden
müsste, die Schönheit des Vergänglichen,
die, da sie gleichzeitig die unumgängliche Wahrheit
allen Seins darstellt, also mono no aware, unmittelbar
erleben.